Wanderreiten Bergisches Land
Von Wegen und Zielen
Einleitung
Die Zeitbegriffe von Mensch und Pferd
Zum Wanderreiten gehören mindestens zwei, das Pferd und der Reiter/in. Beim Wanderreiten wie ich es verstehe geht es vor allem um das Glück gemeinsame Zeit mit dem Pferd verbringen zu können. Zeit ohne Dimension, ohne Begrenzung und beides zumindest für den Augenblick.
Wanderreiten als Wettkampfsport, mit Zeitlimit, genauester Orientierung und exaktem Timing ist bestimmt eine schöne Sportart, nur geht hierbei die Chance das Wesentliche, nämlich den Zeitbegriff von Pferd und Mensch mehr zu synchronisieren, sich auf unterschiedliche Wahrnehmungen einzulassen und sich davon bereichern zu lassen, verloren.
Viele Probleme im Umgang von Menschen mit Pferden beruhen auf dem unterschiedlichen Zeitbegriff:
Pferde leben im Augenblick, Pferde haben nichts vor außer Fressen, Fortpflanzung, wegen mir Fliegen abwehren und so schnell als möglich abhauen, wenn Gefahr droht. Pferde haben keine Termine.
Menschen haben Termine. Menschen leben eher in der Vergangenheit und Zukunft als im Augenblick. Am ehesten im verliebt sein nähern sie sich dem Zeitbegriff von Pferden.
Dieser unterschiedliche Zeitbegriff führt aufgrund der daraus resultierenden Erwartungen natürlich immer zu Problemen. Der Reiter hat von 16°° – 18 °° Zeit, das Pferd hat Zeit, es fehlt ihm jedes Verständnis für Zeitbegrenzungen. Der Mensch reagiert enttäuscht, wenn das Pferd innerhalb dieser begrenzten Zeit seine Erwartung nicht erfüllt, die neue Aufgabe über eine Plane zu gehen, ruhig beim Aufsteigen zu stehen, sich verladen zu lassen usw. Enttäuschung kombiniert mit Zeitdruck, dazu fundamental unterschiedliche Wahrnehmung sind der Garant für die Eskalation von Problemen.
Das Zeitlimit kann man beim Wanderreiten sehr großzügig bemessen und jederzeit während der Tagesetappe anpassen, genaueste Orientierung schadet auch dem Wanderreiten nicht, nur geht es hierbei eher um das Suchen von Wegen um die Wahrnehmung der Umwelt und des Partners Pferd. Langsam Reisen heißt ich habe Zeit. Dies ist die Grundlage, der Nährboden sich unvoreingenommen auf das Außen, auf Partner und Natur, auf Witterung und neue Menschen einlassen zu können.
Wenn Wanderreiten diesen Sinn machen und neue Dimensionen eröffnen soll, geht es nur so.
Dies muss man bei der Planung von Wanderritten berücksichtigen, diesem ungewohnten Zeitverständnis muss man Raum organisieren. Auch hierbei ist der ernsthafte, unterschiedliche neue Ansatz oft wichtiger als die sich einstellende Realität. Bei sorgfältiger Planung und ausreichendem Zeitfenster kommt man abends fast immer am gesteckten Ziel an, Umwege aufgrund von Orientierungsfehlern erweisen sich oftmals als die schönere Alternative, zwei Stunden mit dem Verlust von Zeitgefühl entschädigen für die am späten Nachmittag sowieso eintretende Unruhe das geplante Ziel, die Unterkunft nun doch bald erreichen zu wollen.
Ohne sich unverplante Zeit einzuräumen, zu gönnen geht Wanderreiten nicht. Es verliert sein Wesen und die große Chance sich dem Wesentlichen wieder zu nähern und eigenen nötigen Entscheidungen den Raum zum wachsen zu lassen.
Warum Reiten und nicht nur Wandern?
Auf vielen Touren habe ich mich dasselbe auch gefragt. Schneller ist man mit Pferd nicht. Gangart beim Wanderreiten mit Gepäck ist Schritt, morgens etwas flotter, mittags etwas ruhiger und spät nachmittags wieder flotter. Der Wanderreiter geht mindesten ein drittel der Strecke selber zu Fuß.
Organisierte Wanderritte mit Gepäcktransfer kenne ich aus persönlicher Erfahrung nicht. Ich habe eine Menge Wanderritte mit Gepäck und Packpferd hinter mir. Also wegen der Zeit, der Schnelligkeit, da kann man besser wandern.
Also weil das Pferd das Gepäck trägt. Nein nicht so wirklich, weil man zugeben muss, das ein wesentlicher Teil des Gepäckes darin begründet ist, das Notwendige für das Pferd dabei zu haben. Ob nun Hufbeschlagszeug, erste Hilfe, Halfter oder Wanderreitzaun, da kommt eine Menge zusammen. All dies braucht der Wanderer nicht. Das Pferd trägt natürlich auch Zelt, Schlafsack und Isomatte, Kochgeschirr und Verpflegung, Anziehsachen und all die Kleinigkeiten von Karten, Kompass bis Wasserflaschen.
Ein gut gepackter Rucksack mit dem Allernötigsten und jeden Abend eine feste Unterkunft würden besser funktionieren. Mit Pferd unterwegs verhindert die angenehmen Alternativen den Rest der Tagesstrecke mit dem Bus oder Taxi zu erledigen, die Reservierung eines Zimmers fällt sehr viel leichter als gleichzeitig eine Weide und Futter für das Pferd mit buchen zu müssen.
Es gibt also keinen vernünftigen, objektiven Grund warum nicht nur Wandern … , es sei denn man möchte sein Pferd dabeihaben, man möchte mit dem Pferd den Weg zurücklegen, diese Zeit mit dem Pferd verbringen. Ich laufe, wandere einfach lockerer, lieber mit meinem Pferd im Schlepptau. Es mach mir Freude Hindernisse mit meinem Pferd zu überwinden, Freude zu zuschauen wie mir mein Pferd am losen Zügel überall hinfolgt, mich vertrauensvoll und entspannt mit tiefem Kopf auf meiner Reise begleitet.
Es gehört zu meinen schönsten Erfahrungen mitzuerleben wie Verlässlichkeit das Wesen eines Pferdes verändern und positiv beeinflussen kann. Und ebenso Vieles bekommt man zurück. Nach spätesten drei Tagen trauen die Pferde der neuen Realität. Sich von morgens bis abends vertrauensvoll führen zu lassen entspannt die Pferde ungemein. Die vielzitierte Dominanz des Menschen findet hier eine vollkommen unspektakuläre Erfüllung. Eine Nacht im Zelt oder Biwakzelt auf der Weide im Beisein der Pferde zu verbringen, den Sonnenuntergang und den Aufgang mitzuerleben, die unterschiedlichen Geräusche der Pferde bei Nacht, all dies und die verlässliche Anwesenheit verändern die Beziehung zwischen Pferd und Mensch auf eine Weise die ich mir hätte nie träumen lassen.
Wann hat schon einmal ein Pferd morgens auf mich gewartet, wann sind wir nach langem Packen schon mal so freudig vom Hof gekommen. Langweilig wird es auch nie, weil ich meinem Pferd wie einem kleinen Kind die neue Umwelt vermitteln muss. Das macht riesigen Spaß, wir lernen den ganzen Tag, wir wachsen gemeinsam an einfachen und gemeinsam leistbaren Aufgaben.
Der ständige Wechsel von Führen und Reiten, die schier entlose Zeit in der Gangart Schritt lockern alle Muskeln, alle Verspannungen. Wanderreiten, langsam reisen in Begleitung eines Pferdes hat für mich in unserer stark organisierten und hektischen Umwelt eine neue ansonsten verlorengegangene Dimension.
Wanderreiten befriedigt alle Sinne, führt zu den Wesentlichen Dingen zurück.
Ganz nebenbei löst es viele Probleme im täglichen Umgang mit den Pferden und entschädigt beide Seiten – Pferd und Menschen für die leider viel zu vielen unnötigen Auseinandersetzungen welche nur entstehen, weil wir das Pferd in ein zeitliches und räumliches Korsett zwingen unter dem wir schon selber auf dem letzten Loch pfeifen.
Das Ziel die körperliche Fitness zu verbessern stellt sich beim Wandern sicher mindestens genauso ein wie beim Wanderreiten. Wanderreiten ist zusätzliches Krafttraining, da man beim Packen des Pferdes schon einige Kilo bewältigen muss.
Die Gefahr der Überforderung ist bei beiden Formen wohl gleich, nur das ein untrainiertes Pferd nun wirklich nichts für die fehlende Vorbereitung kann.
Die Grundfitness hängt sehr stark davon ab welche Leistungen ich von Beginn an sowohl vom Pferd als auch von mir verlange. Wer nach 3 KM unter schmerzenden Knien und Füßen klagt sollte weder Wandern noch Wanderreiten. Wer es langsam angehen lässt, sich Zeit nimmt und seinen Ergeiz im Zaume hält kann auch auf einem Wanderritt sich selbst und das Pferd auftrainieren. Auch hier gilt wieder sich unverplante Zeit zu reservieren, sich die Möglichkeiten offen zuhalten auf die Leistungsfähigkeit der Partner Pferd und Mensch vernünftig reagieren zu können.
Die am meiste beschriebene Erfahrung vieler Teilnehmer an organisierten Wanderritten mit Gepäcktransfer ist die physische Überforderung. 30- 50 KM am Tag verlangen super fitte Pferde und Reiter, Tagesetappen auf Wanderungen von 35 km ebenso. Hier nimmt sich Wandern und Wanderreiten nichts, beide verlieren dabei nur die Chance sich in Harmonie, mit viel Zeit auf das Außen einlassen zu können.
Das Verhältnis von Pferd und Wanderreiter
Stimmt, Wanderreiter und Pferd haben ein Verhältnis. Ich unterstelle das der Wanderreiter sein Pferd selber hält, dass ein Wanderritt nicht ein Ausritt von
5 Stunden ist, dass es eine gemeinsame Geschichte gibt. Wanderreiten auf fremden Pferden kenne ich nicht, mir fehlt hier das Prinzip der Verlässlichkeit welches ich auf einem Wanderritt zwischen mir und dem Pferd weiterentwickeln will. Verlässlichkeit ist die Grundlage von Vertrauen. Vertrauen ist die Grundlage jedes harmonischen Umganges, jeder Ausbildung von Pferd und Reiter.
Man kann viel über die Ausbildung des Pferdes zu einem Wanderreitpferd lesen, das Pferd bewusst dazu ausbilden, das Pferd trainieren, seine und die eigene Kondition steigern, Kurse besuchen. Extrem Trails sind sehr modern. Was man nicht kann, Dinge, Aufgaben zusammen mit dem Pferd bewältigen, weil sie gerade angesagt sind. Keine gestellten Aufgaben, sondern Aufgaben die am Wegesrand liegen. Die Seite des Weges wechseln in dem man auf die andere Seite schaut, vielleicht das Gewicht, den Schenkel zu Hilfe nimmt, über Äste und Baumstämme klettern, den Hang, führend neben dem Pferd hinab, das Pferd schicken, weil der Durchgang zum gemeinsamen durchgehen zu eng und zu gefährlich ist. Alles weil der Weg die Aufgaben stellt, oft geht alles nonverbal ab. Ich meine nicht unkonzentriert, ich meine auf eine reale und nicht auf eine konstruierte Aufgabe bezogen. Das Pferd merkt den Wegfall der Künstlichkeit der Aufgabe sofort, es kooperiert direkt, man wächst zusammen an seinen Aufgaben. Das spontane Verhalten, nicht konstruiert, sondern direkt auf die Aufgaben bezogen, ist sehr befreiend, bringt einen näher an das Reale, weiter weg von dem Leben in der Vorstellung. Wanderreiten verbündet sich mit der Realität im ewigen Kampf zwischen den Beiden.
Der Wanderreiter nähert sich der Vorstellungwelt des Pferdes, unbewusst, nicht vermenschlichend, sondern eher verpferdlichend. Das ist super für das gegenseitige Verständnis. Den ganzen Tag in der Landschaft, im Wald, beschäftigt mit dem Wegefinden, mit der Bewältigung der auf dem Weg liegenden Probleme, johh….

Geschichte des Wanderreitens
Traditionelle Formen des Reisens zu Pferd
Zu allererst, Wanderreiten war immer teuer und ist es im Verhältnis zur Pauschalreise, vollverpflegt, rundumversichert und mit Reiserücktrittsversicherung immer noch. Schon im Mittelalter ritten die höheren Herren zu ihren Treffen, Reisten zu Pferd. Der wandernde Handwerker lief zu Fuß und war Fachmann in der Behandlung von Blasen an den Füßen. Reisen zu Pferd, reitend oder mit der Kutsche war jahrhundertelang das einzige Fortbewegungsmittel, wenn auch nur für die oberste Schicht. Insbesondere das Reisen in der Kutsche, und das dadurch erst mögliche Kennenlernen anderer Länder, Landschaften und deren Menschen, das langsame, oft beschwerliche Reisen hat den Horizont der Menschen vornehmlich erweitert. Als Beispiel sei nur die Italienische Reise von Johann Wolfgang von Goethe genannt in der seinen Italienaufenthalt zwischen September 1786 und Mai 1788 beschreibt.
Eine weitgehend ausgebaute Infrastruktur bestehend aus Poststationen welche seit der Gründung der Post im Jahre 1490 eingerichtet wurden stand zur Verfügung. Hier konnte auch der Reiter , der Kurier sein Pferde wechseln. In der Nähe von Poststationen befanden sich oft auch Pensionen und Gaststätten sowie Schmiede für den Beschlag der Pferde und Stellmacher für die Wagenreparatur.
Erst mit der Erfindung der Dampfmaschine um 1700, der Erfindung der Eisenbahn 1825 in England, der ersten Eisenbahnstrecke in Deutschland von Nürnberg nach Fürth 1835 beginnt mit der industriellen Revolution, danach der Erfindung des Automobils das stetige Verdrängen des Fortbewegungsmittels Pferd. Die letzten großen Aufgaben hat das Pferd in den 2 Weltkriegen des 20. Jahrhunderts durchlebt, durchstorben. In beiden Weltkriegen 3.000.000 allein auf deutscher Seite, 8 Millionen bei allen Kriegsbeteiligten allein im 1. Weltkrieg. Beim Wiederaufbau und in der Landwirtschaft der Nachkriegsjahre erlebt das Pferd, oder besser was von der Population Pferd übriggeblieben ist, die letzte große Anerkennung. Der Traktor kommt, und wenn zuerst ein Deutz mit 11 PS.
Wanderreiten als Freizeitbeschäftigung
An Wanderreiten als Freizeitbeschäftigung war erstmal gar nicht zu denken, erst 1969 wurde die von Ursula Bruns gegründete Ponypost in die Zeitschrift Freizeit im Sattel umbenannt. In der Ausgabe 7 / 74 schreibt Sadgo Solinski einen Artikel, 1991 das Buch das Gymnasium des Freizeitpferdes. Wer über das Freizeitreiten, das Wanderreiten etwas lernen möchte findet in den Büchern von Sadgo Solinski ausreichend Definitionen über das Freizeitreiten und über die Geschichte der Pferde und des Reitens. Sein Buch, Reiten Reiter Reiterei, zu lesen ist eigentlich ein Muss auch wenn seine Bücher teilweise sehr schwer verständlich und vorsichtig gesagt relativ undiplomatisch geschrieben sind. Viele Kompromisse findet man darin nicht. Da ist jemand schon sehr überzeugt, argumentiert sehr fundiert. Kann man viel draus lernen.
Es hat eine Entwicklung vom Gebrauchstier, vom Nutztier Pferd im schlechtesten Fall zum Sportgerät Pferd, im besten Fall zum Partner Pferd stattgefunden. Oftmals mit viel mehr sozialtherapeutischen als physischen Aufgaben. Pferde in der Therapie helfen vielen Menschen. Vielleicht ist das die neue Bereicherung, nicht das Erleben anderer Länder, Menschen, 1 Woche Malle, 2 Wochen Malediven im gesicherten Terrain, sondern das nahe, dichte Erleben eines der schönsten Teiles der Schöpfung. Langsam Wachsen durch Annäherung und Verständnis. Mein Pferd, jenseits von Schnelligkeit, Ausbildungsstadium, Rasse und Geschlecht.
Mein Pferd, könntest du es doch nur mit meinen Augen sehen.
Kann man auch Liebe nennen.
Organisierte Touren und Angebote
Wanderreiten ist Freizeitbeschäftigung, begründet auf Überfluss und Wohlstand. Es gibt Schlechteres. Wanderreiten ist mit viel Vorbereitung verbunden, ist anstrengend, morgens Sattel und Gepäck drauf, abends wieder runter, mit den verdammten Hufschuhen dasselbe, man wird klitschnass von oben oder vom Schwitzen von innen. Es geht immer was kaputt, man kommt nie pünktlich an, die Pferde scheuen vor einem auf dem Waldweg stehenden Schild Forstarbeiten, ein LKW ist sonderbarer weise völlig egal. Knie tun weh, besonders bergab, auf dem Pferd sitzen geht auch nicht mehr und zu allerletzt sehen die Strecken auf der Karte nie so aus wie erwartet, wenn man die Wege denn überhaupt findet, es ist zum …
Na gut, dann eben eine organisierte Tour, am besten Schlemmertour mit 4 Sterne Hotel und Gepäcktransfer. Mein Pferd lahmt, oh jeeh, muss eben ein Neues antransportiert werden. Alles versichert, mit Reiserücktritt. Anfahrt und Getränke kommen blöderweise drauf. Toll, super.
Mach ich nicht. Wenn ich kein Pferd habe wandere ich. Vielleicht treffe ich unterwegs nette andere Wanderer mit roten Kniestrümpfen. Oder bleibe zu Hause, miste aus, repariere Zäune, Ölwechsel für den Traktor, dieser ewige TÜV, daran merkst du wie schnell 2 Jahre vorbei sind.
Ich will das organisierte vollverpflegte Kolonnenreiten gar nicht so schlechtmachen, ist sicher eine Möglichkeit, aber eben nicht für mich. Andere, maximal 2 – 3 Wanderreiter auf mir bekannten Strecken führen, auf meinen gut ausgebildeten Pferden, nicht mehr als 15 – 25 KM Tagesetappen, Gepäck nehmen wir auf den Pferden mit, ja, das kann ich mir gut vorstellen. Allein oder mit einem Freund ist vielleicht noch besser. Wanderreiten hat auch was zu tun mit der Natur, oder besser, in der Natur allein zu sein.
Individuell geplante Touren
Touren individuell Planen macht extrem viel Arbeit, wenn man angefangen hat wird das zur Sucht, erst auf Karten 1: 50.000 dann 1: 25.000, dann wird recherchiert nach Unterkünften, Entfernungen werden überprüft. Tour wird um geplant, gab doch keine Möglichkeit der Unterbringung für die Pferde. Wie auf Schienen, eingleisig ohne Umkehr. Man will an das Ziel. Ziel ist das wichtigste, ohne Ziel geht gar nichts auch wenn der abgedroschene Spruch der Weg ist das Ziel trotzdem die Wirklichkeit eines Wanderrittes am besten beschreibt. Ob mit topographischen Karten oder mit einem auf dem Computer installierten Tour – Planungsprogramm, ob mit Tour auf Navi oder nur farbiger Linie auf Karte, es macht sau viel Arbeit und frisst jede Menge Zeit. Für mich schöne Zeit, die Vorfreude ist ja bekanntlich die halbe Freude. Die Planung und Organisation einer 1-wöchigen Tour, Ausdruck der Karten, Buchung der Unterkünfte, Umbuchung, Ausrüstung überprüfen, reparieren und ergänzen, dauert mindestens 2 Wochen, zusammen also 3 Wochen schöne Zeit. Mit Hund schwinden die möglichen Unterkünfte nochmal um 90 %, einen saudreckigen Köter will keiner auf dem Zimmer haben, nach einem Tag Wanderritt kriegt man den Dreck aus sämtlichen Schlammlöchern des Tages überhaupt nicht mehr ab. Vorteilhaft ist nur, der Hund ist müde und haut sich hin, döst vor sich hin.
Bei mehrwöchigen Touren ist das Vorbuchen von Unterkünften nicht mehr sinnvoll, man weiß nie ob die geplanten Tagesetappen wirklich erreicht werden, ob nicht doch ein Ruhetag vorgezogen werden sollte. Dann purzelt das ganze Kartenhaus der Tour Planung zusammen. Viel wichtiger ist jedoch der Verlust der Spontanität. Morgens aufbrechen, losreiten mit dem Gefühl grenzenloser Freiheit dahin reiten zu können wohin man will, wohin es einen treibt, diese Gefühl ist der Hammer. Mittags hat einen die Wirklichkeit zwar wieder, der Gedanke wo bleiben wir heute Nacht, die Unruhe stellt sich wieder ein. Aber am nächsten Tag kommt das Gefühl wieder. Eine gute Möglichkeit ist abends nach Unterkünften für den morgigen Tag zu fragen, man hangelt sich zwar wieder an der vorbestimmten Perlenschnur weiter, ist alles nicht mehr ganz so frei aber die mittägliche Unruhe ist dann weg. Ich selber habe es spätestens am Morgen oft bedauert schon wieder eine Unterkunft zu haben und mich nicht überraschen lassen zu können. Ist aber auch nicht schlecht. Ohne Packpferd gehen solche Biwak Ritte eigentlich nicht, da müsste eine sehr spartanische Ausrüstung reichen.

Der/Die Wanderreiter*in
Ausrüstung
Ein Paar vernünftige, wasserdichte Wanderschuhe, Regenjacke und Regenhose. Das sind die wichtigsten Sachen beim Wanderreiten. Klitschnass von oben bis unten, nasse Füße machen keinen Spaß. Alle anderen Kleidungsstücke hat man im Schrank. Das Ganze für 3–4 Tage, was Trockenes und gerne auch was Warmes für abends. Das war es schon. Wenn man hat wären Sachen mit kleinem Pack Maß super, das Platzangebot für die Anziehklamotten ist auf dem Pferd immer begrenzt. Warum bei jeder Regenjacke vom Bund aufwärts die Nässe über den Tag immer höher zieht ist für mich ein Geheimnis was ich noch nicht lüften konnte. An fehlender Kleidung kann ein Wanderritt nicht scheitern.
Gut zu Fuß ist die halbe Miete
Wer wandern kann, die Kondition dafür hat, oder bereit ist die mit und mit auf zu trainieren hat die besten Voraussetzungen für die erste Hälfte des Wanderreitens. Zu Fuß mit dem Pferd unterwegs ist eine super Sache, macht einfach nur Spaß. Ich laufe sehr gerne mit dem Pferd, bin oftmals schneller als im Schritt reitend. Trotzdem ist auch nur Pferde führen keine Sache für Anfänger, man muss schon eine Menge von Pferden und ihrem Verhalten, besonders in der Natur verstehen. Wer sich damit ausreichend beschäftigt, übt, sich weiterbildet kommt wandernd mit dem Gepäck auf dem Partner Pferd sicher an jedes Ziel. Der Wanderreiter muss gut zu Fuß sein. Und, er muss zumindest am Boden einen sicheren und vertrauten Umgang mit seinem Pferd haben. Das reicht um mit dem Pferd zu wandern. Kann man lernen, ist eine sehr gute, vielleicht die Beste Voraussetzung
für das Erlernen des Reitens.
Der Sichere Umgang mit dem Pferd am Boden
Den sicheren Umgang mit dem Pferd am Boden kann man lernen, sollte man lernen bevor man sich auf einen Wanderritt begibt. Das heißt führen, führen, führen. Am losen Führstrick, wenn das Pferd einen überholt ruhig umdrehen, in die entgegengesetzte Richtung gehen, immer und immer wieder. Nicht wütend, tief ausatmen. Kraftvoll losgehen, wirklich stehenbleiben, fest. Das Ganze erst auf dem Platz, dann durch Stangengassen, um Hütchen herum, stehenbleiben, losgehen.
Dann raus ins Gelände, immer mindestens zu zweit. Über Äste, durch Ast Berge, über Baumstämme, erst kleine flache Böschungen runter dann steilere. Spätestens dann muss man anfangen Pferde nicht nur zu führen, sondern auch zu schicken. Nicht immer nur vor dem Pferd, sondern auch hinter dem Pferd. Immer dann wenn das Pferd rutschen könnte, wenn es Springen könnte. Das passiert an Hängen, an kleinen Bächen. Alles immer mit der Ruhe, lieber einen Umweg nehmen als eine Gefahr eingehen. Am besten im Beisein eines erfahrenen Begleiters.
Die reiterlichen Anforderungen
Sich locker, entspannt auf dem Pferd tragen zu lassen, sein Gleichgewicht mit dem des Pferdes in Einklang zu bringen, sich nicht festklammern, schauen wohin man reiten will und das Vertrauen das Pferd jederzeit, auch nach 5 Galopp Sprüngen wieder einfangen zu können, das reicht auch zum Wanderreiten. Wenn man locker ist, mental und physisch, absteigt, wenn es zwickt, man steif wird, schafft man das Wanderreiten locker.
Auf der Durchreise – das Ankommen und Verabschieden
Wanderreiten, von Ort zu Ort, ist immer ein Ankommen und Verabschieden. Jeden Tag aufs Neue. Wanderreiten ist keine Flucht. Ein Wanderritt, bei dem man sich jeden Abend eine Unterkunft für Pferd und Reiter suchen muss, fordert die Kommunikations und Integrationsfähigkeiten gewaltig. Tagsüber Ruhe, wenig reden, abends immer wieder dieselben Geschichten. Ab und zu in einer Pension, super. Allein ist Wanderreiten unnötig anstrengend, für mich genauso anstrengend wie mit 8 Leuten. Beides mag ich nicht, zu zweit oder zu dritt ist Wanderreiten für mich das schönste auf der Welt.

Das Wanderreitpferd
Eignen sich bestimmte Pferderassen besonders gut?
Wenn man das Wanderreiten nicht als Wettkampfsportart begreift eignen sich alle physisch und psychisch gesunden Pferde für das Wanderreiten. Kürzere, kompaktere Pferde bis 155 cm Stockmaß sicher besser als Warmblüter mit 180 cm Stockmaß. Die Kompakteren sind meistens trittsicherer. Das bedeutet aber letztendlich nicht viel, dann steigt man eben ab oder macht einen kleinen Umweg. Die Hauptgangart ist bei dem was ich unter Wanderreiten verstehe sowieso Schritt. Die Beweglichkeit, das vermehrte Tragen auf der Hinterhand, all das kann man mit jeder Pferderasse üben und meistens sieht der Wanderreiter sowieso weniger gymnastiziert aus als sein Pferd.
Gibt es eine besondere Ausbildungsskala des Wanderreitpferdes?
Die Ausbildungsskala des Wanderreitpferdes unterscheidet sich nicht von der klassischen, wobei die physische und psychische Losgelassenheit hier den höchsten Stellenwert hat.
Die Gefahr des Rückwärtsdrängens
Wirklich gefährlich ist das Zurückdrängen eines Pferdes an einem Bächlein, einem ungewohnten Schild im Wald oder ähnliches. Dieses Zurückdrängen spielt sich eigentlich immer komplett unkontrolliert ab. Dies auf dem Pferd sitzend auf einem Wanderritt auszufechten ist lebensgefährlich. Da hilft nur Absteigen und mit dem bei der Bodenarbeit Erlernten versuchen das Hindernis zu meistern. Umwege sind da oft die beste Lösung. Ich habe mal erlebt wie ein an einem Bächlein zurückdrängendes Pferd an einen Elektrozaun kam und meine Frau kurz danach bewusstlos auf der Weide lag. Das sind die schrecklichen Seiten an der eigentlich schönsten Form des Wanderns.
Futter + Wasser auf dem Wanderritt
Wie füttert man sein Pferd auf einem Wanderritt. Wenn man nicht von Box zu Box von Stall zu Stall reitet, was eigentlich gar nicht vorkommt, stehen die Pferde abends auf einer Weide. Im Sommer ist meistens kein Heu vorhanden, Heulage, Silage bei füttern ist für das Verdauungssystem der Pferde höchst problematisch, insbesondere, wenn sie das vom Heimatstall nicht gewohnt sind.
Ich habe sehr gute Erfahrungen mit Weide und frischem Wasser gemacht. Man muss die einzelnen Pferde bezüglich Fütterungszustand beobachten. Manches Pferd kommt nach 7 Wochen Wanderritt nur muskulöser sonst wie am ersten Tag an, manches Pferd sieht schon nach 1 – 2 Wochen leicht abgemagert aus. Ich denke bei Wanderritten, 3 – 4 Tage, hauptsächlich Schritt, 20 KM täglich, dann einen Ruhetag, da braucht man sich um das Futter keine Sorgen zu machen. Im Wald kann man die Pferde auch 2 – 3 x am Tag 20 Minuten fressen lassen, ich habe immer Mineralfutter als Leckerlies dabei.
Das Gewicht von Gepäck und Reiter
Das Gewicht von Gepäck, Ausrüstung und Reiter führt oft zu endlosen Diskussionen. Unter der Voraussetzung wie ich Wanderreiten verstehe ist die Faustformel 1 / 4 des Pferdegewichtes richtig. Mit einem gesamten Gewicht von 125 – 130 kg bei meinen Berbern mit 152 cm Stockmaß, meiner kompakten Quarabstute mit 148 cm Stockmaß sind die Pferde nicht überbelastet.

Sattel, Gepäck und Zaumzeug
Sattel
Wir benutzen Westernsättel, die haben eine große Auflagefläche, sind mit Krampen und Ösen zum Anbinden ausgestattet. Natürlich müssen sie passen, das sollte man on öfter kontrollieren lassen. Darunter ein ausreichend dickes Pad oder eine Navajo – Decke. Vorderzeug ist unverzichtbar, Hinterzeug wenn nötig auch.
Der Sattel sollte passen, na klar. Zu diesem Thema hat es die letzten Jahre auch eine riesige Entwicklung gegeben. Ohne Computermessverfahren, ohne Equiscan und CNC gefrästen Sattelbaum geht nichts mehr. 4.000 € für das Einsteigermodell.
Habe ich alles auch, muss nur daran denken das Jule und Peggy auf einem 7 – wöchigen Wanderritt und ohne Maßsattel, ohne Druckstellen, weiße Flecken auf der Haut angekommen sind. Den Westernsattel hatte ich bei einer Nachbarin gekauft, ich war der Meinung der passt. Waren aber auch Schimmelstuten.
Packtaschen, wasserdichte Dosen und Kanusäcke
Das Gepäck wird in hinteren Ledersatteltaschen / Ortlieb-Rieser Satteltaschen und vorderen Leder Satteltaschen verstaut, ich habe da vor Jahren noch Ledervordertaschen des Schweizer Militärs ergattert, die halten ewig. Mit flexiblen Stoff / Leinen Satteltaschen habe ich keine guten Erfahrungen gemacht, nach 3 Stunden das erste Mal an einem Ast hängen geblieben, im Eimer. In den Satteltaschen habe ich alles in sehr stabilen Kunststoffdosen verstaut, in Memoriam zu der unkenntlichen Masse aus Eiern, Bananen und Brotkrümeln die Mein Freund Hepp beim ersten gemeinsamen Wanderritt nach 3 Stunden entsorgen musste.
Persenning für den Sattel und das Gepäck
Wanderreiten heißt oftmals im Regen reiten. Im Sauerland ist meiner Frau und mir der Regen oben rein und an der Hose unten rausgelaufen. Das war noch die Zeit der superschönen Wachsjacken. Ohne eine Persenning über dem Sattel und wenn es geht auch über den Satteltaschen sitzt man den ganzen Tag nach einem Schauer im Nassen, wenn man mit Fell reitet macht das echt Freude.

